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Die leise Abschaffung einer Branche

Die Redaktionen werden ausgedünnt, die KollegInnen verschwinden, der Nebentisch bleibt leer. Sie schlagen sich irgendwie durch, hofft man. Wie viele Journis gehen dennoch aufs RAV? 

Das Seco, das monatlich den Bericht «Die Lage auf dem Arbeitsmarkt» veröffentlicht, definiert den Beruf der Journalistin, des Journalisten entsprechend der «Schweizerischen Berufsnomenklatur 2000». Diese Datenbank des Bundesamts für Statistik umfasst 17 000 Berufe. Unter dem Sammelbegriff «Wort-, Bild- und Printmedienschaffende» werden JournalistInnen, RedaktorInnen, KorrektorInnen, LektorInnen, ÜbersetzerInnen, DolmetscherInnen und übrige Wort-, Bild- und Printmedienschaffende einsortiert. Zu dieser Spezies zählt die Schweizerische Arbeitskräfteerhebung (Sake) in der ganzen Schweiz rund 14 000 Personen.

Berufsregister halbiert die Journalistenzahl

syndicom und das Syndikat Schweizer Medienschaffender SSM sowie der Berufsverband Impressum hingegen ordnen nur 7100 Personen im Berufsfeld Journalismus ein. Massgebend dafür ist das von diesen Organisationen geführte Berufsregister «Medienschaffende BR». Wer die geschützte Berufsbezeichnung tragen darf, muss sein Haupterwerbseinkommen mit Journalismus bestreiten und den Pressekodex anerkennen. Zu den im BR erfassten Berufsleuten zählen neben den klassischen Medienschaffenden auch RealisatorInnen, MediendokumentalistInnen, MedienillustratorInnen sowie RegisseurInnen.

Zwei Zählarten beim Seco

Das Seco weist die von den RAV gelieferten Arbeitslosenzahlen nach «Wirtschaftszweigen» und nach «Berufsgruppen» aus. Unter «Wirtschaftszweigen» figurieren in der Untergruppe «Medien und Kommunikation» Unternehmen und Arbeitsstätten der Medienbranche. Bei den «Berufsgruppen» werden die Medienleute der Untergruppe «Medienschaffende und verwandte Berufe» zugeordnet. Die «Berufsnomenklatur 2000» gilt hier als Definitionsschema. Die beiden Zählarten liefern eklatant unterschiedliche Arbeitslosenzahlen. Unter «Wirtschaftszweige», Untergruppe «Medien und Kommunikation» werden ausgewiesen:

  • 4381 Stellenlose im Januar 2015
  • 4469 im Januar 2014
  • 4244 im Januar 2013
  • 3233 im Januar 2012

Im Vergleich dazu die Zahlen bei den «Berufsgruppen», Untergruppe «Medienschaffende und verwandte Berufe»:

  • 1113 Stellenlose im Januar 2015
  • 1191 im Januar 2014.
  • 1235 im Januar 2013
  • 1091 im Januar 2012.

Vergleicht man in diesen Jahren die von den Kantonen gelieferten Zahlen, gibt es in der Tendenz zwischen der deutschen, französischen und italienischen Schweiz keine Unterschiede.

Fliessende Grenzen bei der Berufsdefinition

«Es gibt unterschiedliche Zahlen und Einschätzungen über offene Stellen und Arbeitslose im Journalismus», sagt Roland Kreuzer, Leiter Sektor Medien bei syndicom. «Einerseits wird der Journalistenberuf nicht überall gleich definiert. Die Grenzen sind heute sehr fliessend. Andererseits lassen sich nicht alle Journalisten, die gekündigt worden sind, bei den RAV registrieren. Einige werden Freiberufler und versuchen so über die Runden zu kommen. Neben den statistischen Erfassungen gibt es sicher eine beachtliche Dunkelziffer. » Das journalistische Stellenangebot sei insgesamt geschrumpft, jedoch unterschiedlich, meint der Gewerkschaftler. Wegen des Rückgangs bei der Werbung sei der Anteil der gestrichenen Stellen bei den Printmedien grösser als bei Radio und Fernsehen, «wo die Gebühren stabilere Einnahmen darstellen und der Informationsauftrag auch einen Teil der Arbeitsplätze sichert.»

«Wir konsultieren das Seco gar nicht erst»

Nathalie Weber, Zentralsekretärin JournalistInnenverband Impressum, sagt: «Die wirkliche Zahl der arbeitslosen Journalisten und Journalistinnen lässt sich nicht eruieren. Viele Betroffene melden sich nicht beim RAV, weil sie entweder freiberuflich weiterarbeiten oder noch andere Jobs haben und den Wegfall der journalistischen Arbeit kompensieren können. Ein Teil war schon immer als Freelancer tätig oder ist nicht berechtigt, Arbeitslosengeld zu beziehen. Im Zusammenhang mit Arbeitslosigkeit konsultieren wir die Statistiken des Seco nicht, weil sie zu unverbindlich sind.»

* Freier Journalist

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